2. Kongress Ergebnis

Am 03. und 04.06.2024 lud die Arbeitsgruppe Offenes Design digitaler Verwaltungsarchitekturen (openDVA) zum zweiten Mal zur gleichnamigen Tagung (openDVA Kongress) auf die Dornburger Schlösser ein. An zwei Tagen wurden die Ergebnisse der Projekte Canareno, simpLEX und KollOM-FIT in verschiedenen Formaten vorgestellt, darunter in Vorträgen, praktischen Workshops und einem Open Lab zum Ausprobieren der in den Projekten entwickelten und genutzten technischen Lösungen. Ziel der Veranstaltung war es erstens, das umfassende Konzept zur Digitalisierung von Antragsprozessen zu Verwaltungsleistungen unter Berücksichtigung existierender Standardisierungsmethoden und technischen Standards zu präsentieren und zu diskutieren. Zweitens soll der Ansatz gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft für weitere Ansätze, Projekte und Kooperationen geöffnet werden. Dafür wurden dieses Jahr erstmalig auch Themen außerhalb der Projektkontexte mit in das Programm aufgenommen: Darunter das Thema Schriftformerfordernis (Prof. Sven Müller-Grune, Hochschule Schmalkalden), die Weiterentwicklung des FIM-Portals (Patricia Ennenbach und Aaron Rothschild, FITKO), DCAT3-Profile als Standard für das Portal GovData (Matthias Grönewald, FITKO), die Erweiterung des XProzess Standards (Jörg Schröder, BFPI), das RegCheck Projekt (Lucas Cladders, FITKO), das Projekt "Zentrum für Legistik" (Matthias Schmid, BMJ), Zentrale KI zur Untersützung von Verwaltungsarbeit und Wissensmanagement (Martin Schiele, AIUI) und die Vermittlung von digitalen Kompetenzen (Frank Löffler, ZeDif).

Das Konzept und die Projekte 

  • Canaréno

    Auf Basis der Methode des Föderalen Informationsmanagements (FIM) arbeitet die Projektgruppe an der KI-unterstützten Analyse von Handlungsgrundlagen (Gesetze, Normen, Richtlinien etc.). Dabei sollen die Informationen nach den Kategorien beteiligte Akteur*innen, benötigte Daten/Informationen und notwendige Handlungen (Aktionen) aufbereitet werden, sodass diese in einem nächsten Schritt in sog. Stamminformationen (Prozessmodelle und Datenfeldschemata) umgewandelt werden können. Diese Stamminformationen bilden dann die in den Handlungsgrundlagen beschriebenen Verrichtungen (z.B.: "Bescheinigung erstellen") in Form technischer Standards (BPMN 2.0 und XML) ab und können für die Digitalisierung von Antragsprozessen bis zur Leistungserbringung genutzt werden. Um diesen manuellen und sehr arbeitsintensiven Vorgang zu erleichtern, werden verschiedene Ansätze wie Deep Generative-, Deep Discriminative- und Rule-based Verfahren entwickelt und getestet.

  • simpLEX

    Die durch die Normenanalyse gewonnenen Informationen werden im Projekt simpLEX als Grundlage für die angestrebte Umsetzung digitalisierter Bearbeitungsprozesse für beantragte Leistungen dienen. Die bereits genannten Stamminformationen sollen durch ein erweitertes Konzept der FIM-Methode für die direkte Implementierung des Prozessmodells in ein technisches System einer lokalen Zielbehörde aufbereitet werden. Konkret werden die grob gefassten Prozessschritte durch standardisierte Aufgabenbausteine ersetzt, sodass eine größere Detailtiefe erreicht werden kann. Zudem arbeitet die AG openDVA gemeinsam mit dem Unternehmen betterlaw knowledgeTools daran, den FIM-Standard um die Komponente der Entscheidungsabbildung zu erweitern und in das Prozessmodell zu integrieren. Die aufbereiteten Stamminformationen – bzw. zu diesem Zeitpunkt Lokalinformationen – sollen in eine offene Low Code Umgebung importiert werden, sodass die digitale Antragsstellung und -Bearbeitung ohne aufwendige Programmierarbeiten und unter verbesserter Einbindung der Fachlichkeit umgesetzt werden kann. Dabei wird auch die möglicher Anbindung verschiedener Basisdienste und Plattformen, wie Bezahlkomponenten und Authentifizierungsmechanismen untersucht und erprobt. Der dabei erfolgende Datenaustausch wird dabei unter dem Begriff der semantischen Interoperabilität erforscht.

  • KollOM-Fit

    Sowohl in Canareno als auch in simpLEX werden eine Vielzahl an Informationen erhoben und aufbereitet. Hier schließt sich das Projekt KollOM-FIT an. In diesem Projekt sollen die erarbeiteten Information derart aufgearbeitet und miteinander verknüpft werden, dass sie nicht nur innerhalb der openDVA Projekte zur Verfügung stehen, sondern auch in anderen Kontexten unmittelbar und maschinenlesbar zur Verfügung stehen. Technologisch liegt diesen Arbeiten ein sog. Wissengraph zugrunde, über den Informationen aus verschiedensten Quellen strukturiert verwaltet und semantisch miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Diese reichhaltige Wissensbasis kann dann wiederum für ein breites Feld an Verwaltungsorganisationen, Bürgerinnen und Bürgern, politische Akteure usw. aufbereitet und zugänglich gemacht werden. Durch die flexible Art der Datenspeicherung kann hierbei allen Akteuren eine für sie geeignete Anwendung zur Verfügung gestellt werden. Dieser Ansatz geht aber über menschliche Nutzer hinaus und ermöglicht auch, wie in simpLEX demonstriert, die Weiterverarbeitung in Anwendung wie bspw. der automatischen Generierung von Formularen. Die gemeinsame Datenbasis stellt dabei sicher, dass alle Akteure, ungeachtet der konkreten Aufbereitung, stets die gleichen Informationen zur Verfügung stehen, die so auch nur an einer zentralen Stelle verwaltet werden müssen.

     

  • Fazit der Tagung

    Die Tagung endete mit einer kurzen Reflexionsrunde gemeinsam mit den Kongressteilnehmenden. Dabei wurde noch einmal deutlich, wie wichtig Veranstaltungen wie diese für das gemeinsame und gegenseitige voneinander Lernen sind – besonders in der Kooperation von Wissenschaft, Wirtschaft und öffentliche Verwaltung. Zudem wurden die Fragen nach weiterführender Forschung, z.B zur vertieften Analyse von LLM’s hinsichtlich der Übernahme einzelner Aufgaben im Kontext von Verwaltung oder nach weiterführenden Formaten mit einer stärkeren Einbindung der Verwaltungsseite platziert. Die nächsten Schritte sind daher zunächst eine stärkere Vernetzung der Beteiligten und von Interessierten für einen intensivierten, kontinuierlichen Austausch, auch mit der Perspektive auf weiterführende Forschungsprojekte.